„Wennst als Bauer dou koin Stress haust, nau is des nix.“

Jungbauer Florian vom Otzenberg über das Landwirt-Sein.

Flo, Du hast vor kurzem deine Prüfungen zum Landwirt gemacht und auch bestanden. Glückwunsch! Warum hast Du Dich eigentlich dazu entschieden Landwirt zu werden?

Warum? Na, das liegt ja in der Familie. Ich wollte das eigentlich schon immer. Klar habe ich auch mal über andere Berufe nachgedacht, aber dann so nach der Konfirmation, mit 14, durfte ich Bulldog fahren um beim Mähen und so weiter zu helfen. Da kommt man dann so rein und dann wars eigentlich klar für mich.

Hast Du vor den elterlichen Hof am Otzenberg einmal zu übernehmen?

Ja, schon. So gut wie es geht möchte ich den Hof weiterführen.

Bist Du darüber viel mit deinem Vater im Austausch?

Nein, eigentlich nicht so. Das läuft einfach so zu. Jetzt wo ich ausgelernt habe, arbeite ich halt Zuhause mit. Wir reden schon miteinander, aber die Hofübernahme ist noch nicht geklärt. Das kann meinet wegen auch noch warten. Ich möchte erste einmal weiter Erfahrungen sammeln, vielleicht auch den Landwirt-Meister machen…

Wir können nicht nur in eine Richtung denken.

Die betriebliche Ausbildung hast Du am Bioland-Bauernhof in See absolviert, richtig?

Ja, richtig. Gearbeitet habe ich in See und einmal im Monat hatten wir eine Woche Blockunterricht in Triesdorf.

Warum ausgerechnet in See?

Um Landwirt zu werden muss man erst ein Jahr das sogenannte Berufsgrundschuljahr absolvieren. Im Rahmen dessen musste ich auch Praktika im Ackerbau und in der Viehhaltung machen und so kam ich das erste Mal nach See. Dort habe ich dann mitbekommen, dass der Betrieb auch ausbildet und habe mich beworben.

Und was ist Deine Bilanz nach zwei Jahren in See?

In See hat es mir wirklich sehr gut gefallen. Ich habe viel gelernt und hatte sehr nette Arbeitskollegen. Die zwei Jahre dort haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Konntest Du aus deiner Ausbildung Dinge mitnehmen, die Du auch Zuhause anwenden kannst?

Die Bio-Schiene in See fand ich schon sehr interessant und es gibt da gute Ansätze. Für komplett Bio bin ich nach wie vor nicht, aber rein konventionell ist auch nicht das Wahre. Wir können nicht nur in eine Richtung denken. Eine Kombination aus beidem finde ich richtig.

Kannst Du mir da ein konkretes Beispiel geben?

Beim Maisanbau zum Beispiel. Um gesunde und stabile Erträge zu erzielen, müssen wir gegen Unkraut spritzen. Und dennoch kann man jede Spritzung hinterfragen und die erste Spritzung zum Beispiel durch mechanische Bodenbearbeitung in Form von Striegeln oder Hacken ersetzen. Das sind Methoden, die im Bioanbau angewendet werden und mit entsprechenden Maschinerien ist das auch überhaupt kein Problem.

Du sagtest, die Berufsschule war in Triesdorf. Wie war Deine Berufsschulklasse so? Wart ihr ein „guter Haufen“, wie man so schön sagt?

Wir waren dreißig Schüler in zwei Klassen. Davon waren acht Mädels. Die Auszubildenden waren nicht nur junge Leute, die aus einem Bauernhof raus stammen, sondern von überall her. Auch ohne elterlichen Hof haben junge Leute Interesse an diesem Beruf.

Was sind denn so Themen angehender Landwirtinnen und Landwirte? Über was habt ihr euch unterhalten?

Direkt nach der Schule, wenn man so zusammensitzt, redet man nochmal viel über den Stoff und wiederholt. Man bespricht, ob der Stoff heute nun sinnvoll oder absoluter Schmarrn war. (lacht)

Es geht schon viel über Landwirtschaft, was momentan so los ist: Silieren, Säen, etc. Aber auch um andere Dinge. – Wenn natürlich ein Bulldog vorbeifährt, ist die ganze Aufmerksamkeit wieder beim Bulldog. (lacht)

Also seid ihr so richtige Landmaschinen-Freaks? (grinst)

Ja, auf jeden Fall! (lacht)

[…] beim Ackerbau findet ein Umdenken statt. Es werden neue Sachen ausprobiert.

Zurück zur praktischen Landwirtschaft am Otzenberg. Aktuell haltet ihr auch Milchkühe. Wirst Du mit dem Milchviehhaltung weitermachen?

Ich finde ein Bauernhof ohne Tiere ist kein richtiger Bauernhof. Aber ob ich die Milchviehhaltung weitermache wie bisher, weiß ich noch nicht.

Nur auf Ackerbau stützen ist in unserer Gegend auch nicht so verbreitet, oder? Wir haben zum Beispiel gar nicht die geeigneten Böden für, zum Beispiel, Salat und Kohl, richtig?

Ja das stimmt. Ackerbau im Sinne von Gemüsebau gibt es bei uns eigentlich kaum. Wenn dann sind die Landwirte bei uns an einer Biogasanlage beteiligt und beliefern diese. Aber auch beim Ackerbau findet ein Umdenken statt. Es werden neue Sachen ausprobiert. Zum Beispiel baut der Junior-Chef in See nun Soja und Lupine an und das klappt auch recht gut soweit – er war selbst überrascht. (lacht)

Oder auch die Pflanze Silphie die immer mehr angebaut wird. Sie dient auch als Biomasselieferant für Biogasanlagen ist aber zugleich eine sehr gute Futterpflanze für Insekten solange sie auf dem Feld steht.

Und was baut ihr so am Otzenberg an?

Braugerste, Weizen, Hafer, Triticale, Wintergerste und Mais. Wir können also in vielfältigen Fruchtfolgen anbauen und das ist auch wichtig.

Was bedeutet vielfältige Fruchtfolge und warum ist das wichtig?

Immer die gleiche Pflanzenart auf demselben Acker anzubauen würde bedeuten, dass der Boden schnell auslaugt. Jede Pflanzenart hat seinen eigenen Dünge- und Behandlungsbedarf. Je vielfältiger man auf einem Acker anbaut, desto besser für den Boden.

Und wer sind die Abnehmer eurer Produkte oder wer sind eure Kunden?

Wir haben in dem Sinne keine Kunden. Einen Großteil bauen wir an, um unsere Milchkühe zu füttern und der Rest wird an die Raiffeisen verkauft. Wir sind also vom Weltmarkt abhängig.

Seid ihr dabei vertraglich an bestimmte Abgabemengen an die Raiffeisen gebunden?

Nein das nicht. Wir liefern was wir können und danach wird abgerechnet. Es gibt Landwirte, die Verträge mit Abnehmern machen, aber dann musst man halt auch liefern…

Bulldog fahren können bei uns alle. Die einen halt besser die anderen halt schlechter.

Was ist denn die anstrengendste oder nervigste Zeit im Arbeitsjahr eines Landwirtes?

Das ist natürlich der Sommer, das ist aber auch die schönste Zeit im Jahr. Da steht halt alles gleichzeitig an: Ernten, Silieren, Heu wenden, etc. Wennst als Bauer dou koin Stress haust, nau is des nix. (lacht)

Du hast auch nie Urlaub, da Deine Tiere zu jeder Zeit versorgt werden müssen.

Ja das stimmt. Früh und Abend muss man halt in den Stall, dafür kann man sich tagsüber mal eine Pause gönnen und mal wegfahren. Das ist ja der Vorteil an mehreren Generationen im Haus. Man kann sich die Arbeit teilen. Wichtig ist ja nur, dass immer mindestens einer da ist der sich auskennt.

Werden denn dann in der Hauptsaison alle am Hof mit eingespannt?

Ja, ja freilich. Im Sommer kann man alle gebrauchen, da werden alle Geschwister eingespannt. Jonas zum Beispiel fängt ja jetzt auch mit dem Bulldog fahren an: Dreschen, Säen, Ackern – das kann er jetzt schon. Bulldog fahren können bei uns alle. Die einen halt besser die anderen halt schlechter. (lacht)

„Der Landwirt – die größte Umweltsau!“ Du kennst solche und andere Vorwürfe bestimmt, oder? Ärgert Dich eigentlich das Bild, das die Öffentlichkeit von der Landwirtschaft hat?

(nickt) Sagen wir es so: In jeder Nachricht steckt auch ein Funken Wahrheit. Auch in der Landwirtschaft gibt es schwarze Schafe, die sich keine Gedanken über ihr Handeln machen. Aber den Landwirt als alleinigen Schuldigen darzustellen ist falsch. Die Arbeit eines Landwirtes ist stark vom Wetter und anderen Umwelteinflüssen abhängig – ziemlich unberechenbare Faktoren, die ein Risiko unsere Existenzsicherung bergen. Ist es da nicht verständlich, dass man mit entsprechenden Maschinen und Mitteln diese Unsicherheiten minimieren möchte?

Wir wollen nicht mehr die Buhmänner für alles sein und deshalb versammeln sich auch immer mehr Landwirte zu Demonstrationen.

Stimmt, die Landwirte gehen viel auf die Straße. Warst Du auch schon dabei?

Leider nein. Es hat noch nie gepasst. Ich war immer in der Arbeit und eigentlich wollten wir in der Arbeit mal alle mit auf eine Demonstration gehen, aber der Chef hat nicht gezogen. (lacht)

Ich persönlich würde aber gerne mal mit nach Nürnberg zum Demonstrieren gehen.

Wo kommst Du sonst so mit anderen Landwirtinnen und Landwirten in Kontakt?

Bei der Ernte kommt man eigentlich am meisten zusammen oder auch auf Messen oder Maschinenvorführungen.

Und was wird dann so besprochen?

Man redet über die Arbeit und tauscht sich aus. Man fragt sich gegenseitig wie man dies und jenes in der Praxis macht.

Wie reagieren denn eigentlich deine Kumpels und Freunde in Alfeld auf deinen Beruf?

Grundsätzlich sind sie dem Beruf sehr positiv gestimmt und offen für das Thema. Klar ist es manchmal ärgerlich und blöd, wenn ich Dinge ausmache und dann doch nicht einhalten kann, weil man doch noch länger Silieren muss oder so. Aber sie zeigen sich da sehr verständnisvoll. Und man muss ja sagen, hilfsbereit und immer da für unsere Freunde sind wir Landwirte ja auch. Also wenn was ist und jemand bei irgendetwas Hilfe braucht, sind wir da! Wir sind ja auch maschinell und werkzeugtechnisch gut aufgestellt. (grinst)

Du hast vorhin erzählt, worin die Vorteile eines Mehrgenerationen-Hofes liegen, nämlich bei der Arbeitsteilung. Gibt es auch mal Situationen wo so eine große Familie einfach nur nervt? (grinst)

Als Kind war es super mit Oma, Opa, Mama, Papa und vielen Geschwistern auf dem Hof aufzuwachsen. Jetzt, wo man älter wird, nervt es einen schon manchmal und man denkt sich: „Etz geh weiter und lass mir mein Ruh“ (lacht), aber das gehört halt auch dazu. Grundsätzlich bin ich sehr froh, wie es ist und möchte es nicht anders haben. Wir sind eben ein richtiger Familienbetrieb und sowas muss man einfach erhalten, auch wenn es aus politischer und wirtschaftlicher Sicht nicht einfacher wird.“

Flo, vielen Dank, dass Du dir die Zeit genommen hast für ein kleines Interview für Ausgschellerd. Ich finde es schon sehr interessant und berichtenswert einen jungen und engagierten Landwirt in der Gemeinde zu haben. Mach weiter so! Willst Du den Leserinnen und Lesern zum Schluss noch was sagen?

Bleibts gsund und gehts alle gscheid aufd Kirwa! Ich freu mich, dass amal wieder a Festl ist. (lacht)